Freitag, 23. September 2016

Vom Walde: Die Traubeneiche

Vom Walde: Die Traubeneiche: Quercus petraea Der Baum des Jahres 2014 Foto Wikipedia  typischer Habitus der Traubeneiche Selbst in Schnee und Eis trägt s...

Die Traubeneiche

Quercus petraea

Der Baum des Jahres 2014


Foto Wikipedia  typischer Habitus der Traubeneiche


Selbst in Schnee und Eis trägt sie noch die verwelkten, trockenen Blätter, die Wintereiche, die im verflüchtigten Sommer ledrig grün glänzend mit flaumiger Unterseite eine lockere Krone in regelmäßiger Anordnung belaubten. Erst wenn im nächsten Frühjahr aus den Knospen wieder verstohlen das erste Grün hervorlugt, wird sie das alte Laub abwerfen, an dem aber immer noch während der kahlen Trostlosigkeit des Spätherbstes und Winters an der eiförmigen, bis zu 10-fach gebuchteten Blattform, die spitz und schlank in den Stiel übergeht, zu erkennen ist, dass es sich bei diesem Baum um eine Traubeneiche (Quercus petraea) handelt und nicht um die weit häufigere Stieleiche, die ihre Blätter mit den deutlichen sog. „Öhrchen“ vor dem Stielansatz im Spätherbst abwirft. Auch die raue, unregelmäßig gefurchte, graue Rinde zeigt Unterschiede zu den regelmäßig verlaufenden Furchungen der Stieleiche und - in ihrer Jugendform oft von einer glatten Rinde in grau-grüner Farbe bedeckt - beweist sie, dass sie, wie alle Eichen zur Familie der Buchen gehört. 

Die Früchte der Traubeneiche in
typischer Traubenformation
 „Aufrecht wie eine Eiche“, dieses geflügelte Wort ist die treffendste Beschreibung für die Traubeneiche, die sich durch ihren geraden Wuchs mit gerade nach außen strebenden, quirlig am Stamm versetzten Ästen auszeichnet. Fest verankert mit einer tiefen, kräftigen Pfahlwurzel strebt sie immer nach dem Licht und kann sich deshalb gegen die schattentoleranten, konkurrenzstarken Rotbuchen selten durchsetzen, in deren Nähe sie ein kümmerliches Dasein als Nebenbaum fristen muss, während sie sich auf lockeren Sandböden gerne mit Kiefern und Sandbirken vergesellschaftet, auf schweren Tonböden liebt sie die Nähe von Hainbuchen.
 
Erst an den Früchten beweist sich das Stimmige für den Namen der Traubeneiche; denn ihre Eicheln sitzen in traubigen Büscheln, hälftig in ihren Kapseln, an kurzen Stielen im Laub (im Gegensatz zu den Früchten der Stieleiche, die an langen Stielen locker in den Zweigen hängen).
Der ringporige Kernholzbaum liefert sein hell- bis dunkelbraunes Holz für vielseitige Verwendungsmöglichkeiten: Massiv in der Möbelherstellung, im Treppen- und Innenausbau, im Wasserbau für Pfähle, Planken und Schwellen. Hochwertige Furnierhölzer stammen von der Traubeneiche und der namhafte Weinausbau in Barriquefässern aus den Hölzern der Traubeneiche ist legendär.

Barrique-Fässer (Weinfässer aus dem Holz der Traubeneiche)


Die geheiligten Eichen unserer keltischen und germanischen Vorfahren, den Göttern Taranis und Donar geweiht, erfuhren dieselbe ehrenvolle Zuwendung bei Griechen und Römern, jedoch die alten Riesen unserer Zeit - für die Wissenschaftler ein durchschnittliches Lebensalter von 800 bis 1000 Jahren annehmen (in Einzelfällen sogar bis zu annähernd 2000 Jahren) erfahren in unserer nur auf Gewinnstreben ausgerichteten Gesellschaft diese Verehrung nicht mehr, in dem Singen der Sägen in der öden Jahreszeit, klingt das Todeslied für manchen Baumveteranen, dessen Wert nur noch in klingender Münze bemessen wird. Was sagt dieses Verhalten über uns selbst im Sinne der mahnenden Worten Alexander von Humboldts aus!?

                                                            
Typischer Habitus der Traubeneiche

Habt Ehrfurcht vor dem Baum,
er ist ein einziges großes Wunder,
und euren Vorfahren war er heilig.
Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen
von Minderwertigkeit eines Volkes
und von niederer Gesinnung des Einzelnen.“

(Alexander Frhr. von Humboldt 1769 - 1859)


Die "Dicke Eiche" (Traubeneiche) bei Kleinottweiler
wurde schon vor 500 Jahren in einer
Bannbeschreibung erwähnt.
Man schätzt sie auf  ein Alter von mind.. 1000 Jahren.
Im kalten Winter 2010/2011 stellte sie ihr
Wachstum ein (Wappenbaum von Kleinottweiler,
Saar-Pfalzkreis)
Wenn man eine Eiche pflanzt, darf man nicht die Hoffnung hegen, nächstens in ihrem Schatten zu ruhen.
Antoine de Saint-Exupéry


















(Text. E. Gelzleichter 23.09.16)

Mittwoch, 21. September 2016

Leuchtende Wälder

Wenn das Jahr sich mit einem Lächeln verabschiedet


(Foto c) E. Gelzleichter

Einzeln und frei wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald, das ist unsere Sehnsucht“.(Nazim Hikmet)
Dieses Rauschen der gefallenen Blätter unter den schlurfenden Füßen, manchmal kraftvoll wie ein Wasserfall oder gleich einem Bach im wilden Lauf, jeder Schritt wirbelt sie auf, diese Blätter in den vielfältigen Farben und Formen – grob gezahnt, meistens abgerundet, wirbeln Eichenblätter wie kleine Wolken, blass bis dunkelbaun gefärbt und dazwischen – lose gestreut – das Gelb der Blätter von Birken in Herzform - eiförmig die der Buchen oder bunte Ahorn“hände“. Und dann, wenn ein Lindenblatt vor die Füße taumelt, schweift der Blick zum Himmel, in die Kronen der Bäume. Sind die Äste schon alle entblößt vom Sommerkleid? Recken sie schon ihre dunklen Skelette, wie erstarrt im Gebet zu dem blassen Blau des Herbsthimmels? Erstaunlich wie viel Buntes noch das Geäst ziert, tiefes Rot, untermischt mit allen Tönen der Gelb-Palette. Dieses Jahr ist lange Maler Herbst unterwegs. Immer noch duftet es nach dem Anis von Pilzen und silbern tropft es im Moos.

Foto c)  E. Gelzleichter
Noch ein paar Wochen, dann stehen sie da, dicht an dicht, die Bäume – jeder eine Persönlichkeit, die sie - vollkommen entblößt und bar jeden Blätterkleides - deutlich sichtbar offenbaren. Viele Blessuren und Wundmale, Geschichten wie von Kriegen gegen die Natur und aus ihr, Verletzungen von Stürmen, Frost und sengender Hitze verleihen jedem Baum ein individuelles Aussehen, manches Mal schlank und rank, vielfach verwunden und gedreht, brüderlich an einen anderen angelehnt, Paare aus Laub- und Nadelbäumen. Oft scheint es, dass uns ihre „Augen“ im Wald verfolgen. Sind wir ihnen ähnlich? Vielleicht! Doch sie haben uns etwas voraus, wie die deutsche Lyrikerin und Aphoristikerin Anke Maggauer-Kirsch treffend bemerkt: 

Bäume haben etwas Wesentliches gelernt:
Nur wer einen festen Stand hat
und trotzdem beweglich ist,
überlebt die starken Stürme!“

Foto c) E. Gelzleichter 

Man sieht es, sie haben auch den letzten starken Stürmen getrotzt, krallen in diesem November um so fester ihre Blätter, oft fast noch im Sommergrün, sie lassen nicht los, wie auch der Wind sich erheben und an ihnen zerren mag, haften sie ihre grün bemoosten Wurzeln fest in die Erde, stark und aufrecht. Sicher - mancher der Uralten, musste sich den Peitschen der Stürme beugen und brach, schon lange vorher gestorben; denn Bäume sterben aufrecht. Doch selbst wenn sie fallen, sind sie noch im Sterben schön; denn neues Leben erwächst aus ihrem Verfall, die Kinder der Wälder streben aus ihren Lenden empor zum Licht.

Foto c) E. Gelzleichter

Selten dürfen wir es erfahren, dass uns auch die Augen von Waldbewohnern folgen, beobachten, dann wenn sie unsere Wege kreuzen, unverhofft – wie eine Offenbarung, ein Reh, das den Sonnenaufgang am Wegesrand verschlafen hat und nun aufschreckt. Oder ein riesiger Schwarzkittel, der sich im Sumpf die borstige Schwarte pflegt und der Laubfrosch, der sich versehentlich vom Baum auf den menschlichen Fuß fallen lässt. Bilder, die uralte Sehnsüchte zeigen, Träume zu verwirklichen scheinen: der Mensch und seine Mitgeschöpfe im Einklang mit der Natur!

Foto c) Elke Gelzleichter
Novembermorgen in den Wäldern: Wie die verlorenen Schleier eines nächtlichen Feentanzes hängen Nebelfetzen zwischen den Zweigen - der Wald scheint zu verschwimmen, gleich einem grotesken Ballett kleiner Geister wabert es auf den stillen Gewässern, lange Weidenzweige baden sich in den kleinen windbewegten Wellen. Eine graue geheimnisvolle Welt und doch, ein Lichtstrahl, der die Wolken aufreißt, sich Bahn schafft bis hinein ins dunkelste Dickicht, ist fähig in Windeseile die Waldeswelt in Bronze und Gold erstrahlen zu lassen.

Foto c) E. Gelzleichter

Dann lächelt der Wald, und der November gewährt uns sein Lächeln für die letzten Wochen des Jahres, bevor er sich verabschiedet, kraftvoll mit  einem Strauß kräftiger, herber Düfte wie von Chrysanthemen.


Foto c) E. Gelzleichter


Fotos und Text: E. Gelzleichter 
Nutzung eines Fotos nur mit Namensnennung 

21.09.16